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Die neuzeitliche Küche

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Titel:

Die neuzeitliche Küche.
Ein praktischer Lehrkurs der Kochkunst und Ernährungskunde.

 

Autor:

Küchenmeister Rudolf Zäch und andere Mitarbeiter

 

Erscheinungsort und Jahr:

Kreuzlingen am Bodensee, um 1900

 

Zum Inhalt:

Das Buch umfasst neben umfangreichen Rezeptkapiteln auch Anleitungen und hilfreiche Tipps zu anderen Themen des Haushaltes: Tischdecken, Bedienen, Erste Hilfe, Benimmregeln, Diäten, Heilmethoden wie Autosuggestion oder Elektrotherapie, Vorlagen für Speisepläne

 

Erster Satz:

"Umfangreiche und langwierige Forschungen auf dem Gebiet der Ernährungskunde haben ergeben, daß mancherleit Krankheiten Ernnährungsfehler sind, wie Krankheiten des Stoffwechsels, Mangelerkrankungen usw."

Anmerkungen:
"Die neuzeitliche Küche" enthält eine fast unüberschaubare Anzahl an Rezepten in den unterschiedlichsten Kategorien. Von "tropische Küche" über "Kochen aus Resten" und "israelitische Küche" ist alles dabei. Wie der erste Satz nahelegt, liegt auch ein Schwerpunkt auf gesunder Ernährung und "Krankenkost". Vor allem Vitaminmangel und dessen Verhinderung wird für verschiedene Krankheiten verantwortlich gemacht. Ein Zeuge seiner Zeit, wurde das erste Vitamin doch 1913 entdeckt und seine Bedeutung für eine gesunde Ernährung direkt erkannt und schnell in der Popkultur seiner Zeit glorifiziert.

 

Ebenso zeittypisch:

Anleitungen zur Hygiene und zur Einrichtung einer idealen Küche, in der "die Frau oder Köchin mit Lust und Liebe arbeiten" kann. Das ausgehende 19. Jahrhundert kannte viele technische Fortschritte, einige auf dem Gebiet der Sauberkeit: Kanalisationen und Brunnen beispielsweise. Die zunehmende medizinische Forschung und die Erkenntnis, dass Krankeiten durch Bakterien ausgelöst werden, machte Sauberkeit zu einem gesellschaftsprägenden Thema der Zeit.

Zum Thema Backen:

Natürlich enthält das Buch viele Backrezepte, daneben aber auch noch "technische" Tipps zum Backen. Hier beginnt der Lesespaß: Das Buch weist auf die neuesten Küchengeräte hin, vor allem die Produkte einer schwäbischen Firma werden angepriesen. Hier drei meiner Favoriten:

 

 

Für alle, die sich wundern, dass ich in meinen Rezepten immer als erstes empfehle das Mehl zu sieben, kommt hier der Tipp von Herrn Zäch: "Das Durchsieben trägt viel zum guten Gelingen des Teiges bei". Andere seiner Hinweise lassen aber eher auf die Zustände der erhältlichen Zutaten Rückschlüsse ziehen. So gibt er Hilfestellung beim richtigen "Auswaschen der Butter".  Oft wird betont, dass die Zutaten "tadellos frisch und von bester Qualität" sein sollten - in einer Zeit ohne Kühlketten beim Transport und (zumeist) ohne Kühlschränke zuhause sicherlich ein wichtiger Hinweis.

 

Das besondere Kapitel:

Vor allem ein Abschnitt hat mich verzückt: "Das Verzieren und Garnieren der Torte". Hier gibt es Tipps zum Einfärben der Tortencreme in verschiedenen Farben. Hilfreiche Färbemittel sind Spinat, Schildläuse und Veilchensaft.

 

Die Garnierung besteht aus zwei Teilen: dem Rand und dem Mittelstück: 


"Um nun das Mittelstück schön herstellen zu können, schneidet man sich aus weißem Papier in der Größe eines kleinen Tellers einen runden Boden aus, legt diesen mehrfach zusamen und schneidet den Rand in runden oder spitzen Bogen aus."


Der so entstandene Scherenschnitt wird mittig positioniert und mit Tupfen oder einem Strang Glasurcreme nachgefahren.


So eine Glasurschönheit möchte ich gerne einmal sehen - wieder ein neues Bakereyprojekt! Ich kann mir eine solche Torte richtig gut auf dem fantasievoll gedeckten Tisch im Speisezimmer eines Bürgerhaushalts um 1900 vorstellen. Immerhin:

 

           "Eine hübsch verzierte Torte bildet stets ein Schmuckstück auf der Festtafel"