Schwäbische Springerle

 

Zur schwäbischen Weihnachtszeit gehören traditionell die sogennanten "Springerle": Zuckergebäck, das in speziellen Holzformen, den "Springerlesmodeln" geformt wird. Bei den einen wecken sie Kindheitserinnerungen - denn früher, als Schokolade und Zucker noch teurer waren, waren sie oft das einzige Süßgebäck, dass man vor Weihnachten erhielt. Die anderen drehen sich bei der Erwähnung von Springerle erschrocken weg: Sie sind berüchtigt dafür, ziemlich schnell steinhart zu werden.

 


Vor einigen Jahren beschloss ich, mich an die schwäbische Weihnachtsspezialität zu wagen, obwohl sie in unserer Familie nicht zu den kanonisierten Plätzchensorten gehörten. Ich suchte im Internet ein Rezept, besorgte mir besonders schöne Holzmodel und erzielte direkt im ersten Versuch ein Traumergebnis: Außen kusprig, innen zart - und das wochenlang! Sogar die Nachbarn waren begeistert und konnten kaum glauben, dass "der junge Mann" sie gebacken hat.

Dann der Schock: Im Jahr darauf stellte ich fest, dass ich das Rezept verloren hatte!

So intensiv ich auch googelte - es blieb verschwunden. Nach dem Testen mehrerer, oft seltsam klingender, Rezepte wurde ich fündig. Ein Rezept aus einem Kochbuch von 1795 produzierte die besten Ergebnisse. Und das kann ich dir natürlich nicht vorenthalten!

 

 

 

 

 

Zutaten

 

500 g Puderzucker

500 g Mehl

Abrieb einer Zitrone

4 Eier

 

außerdem etwas Stärke für die Model

 

 

 

 

 

Vorbereitung:

Zunächst musst du den Puderzucker und das Mehl sieben. Das mache ich gerne vorher, dann ist die Zubereitung noch einfacher.

 

Los geht's!

Der Puderzucker wird dann mit den Eiern verrührt - und das ziemlich lange: Mein Rezept sagt eine Stunde, ich habe aber auch andere Rezepte gefunden in denen noch länger gerührt wird!
Da meine Küchenmaschine für mich rührt, lasse ich sie das machen. Sie braucht ungefähr 20 Minuten bis die Eier-Zucker-Masse soweit ist. Wichtig ist nämlich, dass die sie eine luftige Konsistenz erhält, wie wenn man Baiser macht oder Biskuitteig. Ist diese Konsistenz erreicht, wird nach und nach das gesiebte Mehr hinzugefügt und untergerührt.

 

Der Teig sollte also goldgelb und luftig sein. Dann benötigst du die Model, also die Formen, die den Springerle ihr einzigartiges Aussehen geben. Diese gibt es in Württemberg vor allem auf Monats- und Weihnachtsmärkten. Ich habe meine schönsten Model aus dem Heimatmuseum. Du kannst sie aber auch online finden oder im Bekanntenkreis fragen. Je mehr Motive du findest, desto schöner. Aber Vorsicht! Ein hübsches Model kann ab 25€ kosten!

 

Die meisten Rezepte empfehlen nun, die Stärke in ein kleines Baumwollsäckchen zu füllen, es zuzubinden und dann damit das Model zu betupfen. Ich benutze aber meistens einen Pinsel. Davon habe ich dir ein kleines Video gemacht:

 

 

Die Schwierigkeit besteht darin die Model komplett einzustäuben, dabei aber nicht zuviel Stärke zu nehmen. Die kleinen Details der Formen sind sonst mit Stärke gefüllt und bilden sich nicht im Teigabdruck ab.

 

Wie du siehst, nehme ich immer nur ein wenig Teig und drücke ihn in die Form. Du kannst den Teig auch auswellen und die Model hineindrücken aber: Je öfter du den Teig auswellst, desto härter wird nachher das Springerle.

 

Die fertigen Motive kann man auch noch ausstechen. Oder man lässt den Rand "rustikaler". Reibe ein Backblech mit Butter ein und streue etwas Anis darüber. Darauf legst du dann die Springerle. Du kannst auch Backpapier verwenden.

 

 

Nun müssen die Springerle über Nacht bei Zimmertemperatur trocknen. Am nächsten Tag können sie bei ca. 120°C für wenige Minuten in den Ofen. Sie sind fertig, wenn sie "Füßchen bilden", ähnlich wie bei Macarons. Sie müssen also etwas aufgehen.  Du musst sie gut beobachten: Sie werden im Ofen erst einmal heller und müssen unbedingt herausgenommen werden, bevor sie braun werden. Das Motiv des Models ist sonst nicht mehr erkennbar.

 


Hintergrundwissen Springerle

 

Springerle wurden schon im Mittelalter gebacken. Zunächst zierten christliche Motive das Gebäck, im 17. und 18. Jahrhundert nahmen weltliche Bilder zu: modische Damen, Märchenbilder, Alltagsszenen. Die Model waren meist aus Birnenholz: Das behält seine Form auch wenn es nass wird, wodurch auch kleine Details in den Abbildungen möglich wurden. Das Anfertigen der Formen war lange Zeit den Bäckern vorbehalten. Heute gibt es auch Formen aus Ton, Kunststoff und sogenannten "Kunstholz" - mit den alten Holzformen geht es aber meiner Erfahrung nach am einfachsten.

 

Vor allem in der Biedermeierzeit erlebten die Springerle einen Aufschwung: Viele der Model, die schwäbische Hausfrauen bis heute als Küchenschätze hüten, stammen aus dem 19. Jahrhundert.

 

In der Nachkriegszeit waren Springerle oft die einzige Süßigkeit, die den Kindern in der Vorweihnachtszeit zur Verfügung stand. Die Springerle waren daher hochgeschätzt und nicht wenige Kinder wägten ganz genau ab, wann das Springerle gegessen werden sollte. Die Plätzchen waren zumeist bunt bemalt und hingen oft auch als kleine Kunstwerke am Weihnachtsbaum!


Mehr zur Geschichte der Springerle:

 

online

http://www.holz-und-natur.de/Geschichte%20Rezept.htm

 

https://modelbacken.de/zur-geschichte/

 

gedruckt

Hartmann, Felicitas : "Augenlust und Gaumenfreuden. Zum Wert- und Gebrauchswandel von Springerlesmodeln".  In: Studien und Materialien des Ludwig-Uhland-Instituts der Universität Tübingen; Bd. 31. Tübinger Vereinigung für Volkskunde, Tübingen: 2007.

 

Feller, Linus: "Änismodel. Geschichte - Brauchtum - Symbolik". Paradies, Olten (CH): 1998.

 


Woher kommt dieses Rezept?

Das Rezept stammt aus "Oekonomisches Handbuch für Frauenzimmer" hrsg. von J. F. Steinkopf, Stuttgart: 1795.